Agrarminister verlangen Ablehnung der geplanten Revision zur EU-Ökoverordnung
AMK-Vorsitzender Christian Meyer: Bisheriger Entwurf schadet Ökolandbau – Abschluss der Herbsttagung in Lüneburg
HANNOVER/LÜNEBURG. Die Agrarministerinnen und -minister von Bund und Ländern haben zum Ende ihrer Herbsttagung in Lüneburg heute (Freitag) ein Umdenken bei der von der EU geplanten Revision der Ökoverordnung gefordert. „Das ist ein unmissverständliches Signal Richtung Berlin und Brüssel, dem aktuellen Entwurf der EU-Kommission keinesfalls zuzustimmen“, sagte Niedersachsens Landwirtschaftsminister Christian Meyer, der dieses Jahr turnusgemäß den Vorsitz der Agrarministerkonferenz (AMK) innehat.
Er freue sich sehr über diesen Beschluss, sagte Meyer. „Denn damit bekräftigen wir nicht nur die Entscheidungen der vorherigen Agrarministerkonferenzen, sondern nehmen Bund und EU gleichermaßen in die Pflicht.“ Der Auftrag an die Bundesregierung lasse keinen Spielraum „für irgendwelche Interpretationen“. Meyer: „Wir sagen noch einmal deutlich, dass der Bund der geplanten Totalrevision der Ökoverordnung nicht zustimmen darf, wenn aus Sicht der Länder offene Forderungen nicht erfüllt sind.“ Andernfalls müsse sich der Bund für eine Verbesserung auf Basis der bisherigen Ökoverordnung einsetzen. „Wir dürfen das Thema nicht auf die lange Bank schieben“, sagte der AMK-Vorsitzende. „Bio boomt weiter. Viele wollen zum Ökolandbau umstellen. Aber diese Landwirte brauchen nun endlich Planungssicherheit, damit sie investieren können – für mehr Tier- und Umweltschutz.“
Meyer nannte die EU-Pläne „eine Farce“, weil sie mit mehr Bürokratie und Belastungen für die Ökobauern verbunden seien. „Es käme zu völlig unsinnigen Regelungen, wonach etwa das Schnabelkürzen bei Legehennen im Ökolandbau wieder erlaubt sein würde. Diese sogenannten kurativen Eingriffe schaffen wir in Niedersachsen für die konventionelle Landwirtschaft gerade ab.“ Auch die CDU-geführten Länder seien „mit dem derzeitigen Stand der EU-Ökoverordnung nicht zufrieden“, sagte Peter Hauk, Baden-Württembergs Landwirtschaftsminister und Koordinator der CDU-geführten Länder. „Deshalb begrüßen wir, dass sich der Bund auf Antrag der AMK weiter für Verbesserungen einsetzt“, so Hauk.
Verständigt hat sich die Agrarministerkonferenz auf gemeinsame Übungen von Bund und Ländern, um auf einen möglichen Ausbruch der Afrikanischen Schweinepest (ASP) vorbereitet zu sein. Die Seuche breitet sich derzeit von Ost- nach Mitteleuropa aus und rückt näher an Deutschland heran. Zuletzt verendeten Wildschweine in Tschechien. Das Friedrich-Loeffler-Institut verschärfte die Risikoeinschätzung für Deutschland. Bislang gibt es keinen Impfstoff gegen die Seuche. Als größte Gefahr für die Einschleppung gilt weiterhin der Mensch, der den Erreger über nicht durchgegarte, kontaminierte Schweineprodukte nach Westen tragen könne. Das Einschleppungsrisiko durch den Menschen wird weiter als hoch eingestuft. Das hochinfektiöse Afrikanische-Schweinepest-Virus zirkuliert in Wild- und Hausschweinbeständen in den baltischen Staaten sowie in der Ukraine, Polen und Russland.
Mecklenburgs-Vorpommerns Landwirtschaftsminister Till Backhaus sah das Näherrücken der ASP „mit großer Sorge“. Backhaus: „Wir brauchen ein deutschlandweites Vorgehen. Es ist dringend notwendig, die Wildschweinbestände drastisch zu reduzieren“, so Backhaus. Aber auch eine umfassendere Aufklärung der Öffentlichkeit über die Seuche sei „immens wichtig“. Besonders der Reiseverkehr und der Warentransport auf der Straße stellten ein besonderes Verbreitungsrisiko dar. Backhaus forderte zu „hoher Achtsamkeit“ auf. Zudem betonte der Minister die besondere Verantwortung von Jägern, Landwirten und Forstleuten bei der Reduzierung der hohen Schwarzwildbestände. „Nur so kann es uns gelingen, das hohe Ansteckungsrisiko zu verringern“, sagte Backhaus. Minister Hauk ergänzte, die Schweinepest stelle „eine große Herausforderung“ für die Betriebe dar. „Der Beschluss zu gemeinsamen Übungen zwischen Bund und Ländern ist wichtig und richtig. Darüber hinaus haben wir uns auf eine Reihe von Präventionsmaßnahmen verständigt, zum Beispiel auf Regulationsstrategien beim Schwarzwild“, so Hauk.
Ebenfalls ein Thema auf der Agrarministerkonferenz war der umstrittene Unkrautvernichter Glyphosat. Dessen Zulassung läuft dieses Jahr aus, die EU will in den nächsten Wochen über eine Verlängerung entscheiden. Die Internationale Krebsforschungsagentur IARC der Weltgesundheitsorganisation hat Glyphosat als „wahrscheinlich krebserregend“ für den Menschen eingestuft. Sachsen-Anhalts Agrarministerin Claudia Dalbert sagte, es sei „höchst bedauerlich, dass die AMK zum Thema Glyphosat keinen Beschluss gefasst hat, die potenziell krebserregende Wirkung des umstrittenen Totalherbizidswissenschaftlich objektiv und neutral untersuchen zu lassen“. Dalbert fügte hinzu: „Also unabhängig von irgendwelchen industrienahen Studien.“
„Lichtblicke“ sind dagegen nach Ansicht von Niedersachsens Agrarminister Christian Meyer die AMK-Beschlüsse zur Gemeinschaftsaufgabe Agrarstruktur und Küstenschutz (GAK) sowie die Forderung an den Bund, „die zu hohen Magermilchbestände so abzusetzen, dass der Milchmarkt und die Lage unserer Milchbauern nicht erneut in Turbulenzen geraten“. Meyer sagte, er bleibe bei seiner Einschätzung, „dass wir eine langfristige Marktstabilisierung benötigen. Wir brauchen wirksame Kriseninstrumente mit entsprechenden Anpassungen im EU-Marktordnungsrecht“.
Nicht hinnehmen will die AMK nach Meyers Worten die vom Bund im Etat-Entwurf für 2018 angekündigte GAK-Kürzung um rund 55 Millionen Euro. Bei den GAK-Mitteln handelt es sich um von Bund und Ländern kofinanziertes Geld. Gegen eine Kappung werden sich die Länder entschieden wehren – zumal ja der Bund 2015 noch angekündigt hat, ab 2018 die GAK-Mittel sogar aufzustocken.“ Der AMK-Vorsitzende warnte vor möglichen „schwerwiegenden Konsequenzen“ bei einer Kürzung von GAK-Mitteln des Bundes. „Das würde viele wertvolle Maßnahmen besonders für den ländlichen Raum aufs Spiel setzen – von der Dorferneuerung bis zur Förderung kleiner und mittlerer Betriebe“, so Niedersachsens Agrarminister.