Minister Meyer: Thema Glyphosat nicht auf die lange Bank schieben
Verbraucherschutzminister wollen vorläufiges Verbot bei verbrauchernahen Anwendungen
OSNABRÜCK. Die Menschen in Deutschland sollen besser vor glyphosathaltigen Pflanzenschutzmitteln geschützt werden. Einen entsprechenden Beschluss hat heute (Freitag) mit großer Mehrheit die in Osnabrück tagende Verbraucherschutzministerkonferenz (VSMK) gefasst. Der diesjährige VSMK-Vorsitzende, Niedersachsens Verbraucherschutzminister Christian Meyer, nannte die Entscheidung „ein überwältigendes Signal“ an den Bund. Dieser dürfe das Thema „nicht weiter auf die lange Bank schieben“.
Auch über klare Voten bei Themen wie Kennzeichnung vegetarischer und veganer Lebensmittel, bessere Transparenz bei Telefon-Flatrates, verstärkte Maßnahmen gegen kalkulierten Verschleiß von Produkten und besseren Schutz gegen Scoring-Verfahren zeigte sich der Minister „hoch erfreut“. Meyer: „Die Konferenz war aus meiner Sicht ein großer Erfolg. Wir haben bei Themen, die die Verbraucher in Deutschland zunehmend und zu Recht bewegen, viele wichtige Impulse gesetzt. Auf diesem Weg muss es weiter vorangehen.“
Der von der VSMK bei einer Enthaltung gefasste Beschluss zur Einstufung von Glyphosat fällt in einer kritischen Phase: Eigentlich soll dieses Jahr die Zulassung dieses Totalherbizids in der EU um weitere zehn Jahre verlängert werden. Vor kurzem war jedoch Glyphosat von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) als „wahrscheinlich krebserzeugend für den Menschen“ eingestuft worden. „Das müssen wir sehr ernst nehmen. Die Politik ist in der Pflicht, die Gesundheit der Menschen zu schützen. Die Bürgerinnen und Bürger haben ein Recht darauf“, sagte Meyer. Wie sehr das Thema die Menschen im Land bewegt, verdeutlicht eine Unterschriftenaktion von Campact: Vor Beginn der VSMK hatte diese Bürgerbewegung dem Minister eine Liste mit insgesamt rund 220.000 Unterschriften von besorgten Bürgern überreicht. Im jetzigen VSMK-Beschluss wird der Bund aufgefordert, auf Grundlage der WHO-Bewertung „aus Vorsorgegründen die Abgabe an und die Anwendung durch Privatpersonen zu verbieten“. Außerdem erwarten die Verbraucherschutzminister vom Bund zeitnah zumindest ein vorläufiges Verbot von Glyphosat bei verbrauchernahen Anwendungen. „In Gärten, Parks und auf Kinderspielplätzen hat das Pestizid nichts zu suchen, auch in der Hobbygärtnerei halte ich die Anwendung für nicht angebracht“, so Meyer.
Mit Blick auf mehr Transparenz und Klarheit für die Verbraucherinnen und Verbraucher wertete der VSMK-Vorsitzende die Entscheidung der Konferenz, solche Lebensmittel eindeutiger zu kennzeichnen, bei deren Herstellung und Weiterverarbeitung keine Bestandteile tierischen Ursprungs verwendet wurden. „Vegetarier und Veganer sollen davon ebenso profitieren wie Menschen, die aus religiösen Gründen auf bestimmte Lebensmittel verzichten wollen“, sagte Meyer. Der Minister begrüßte außerdem als ermutigende Signale, „dass wir beim Ziel bundeseinheitlicher Siegel und bei der Transparenz von Telefon-Flatrates vorankommen wollen“. Wichtig für Meyer zudem: Der Schutz der Verbraucherinnen und Verbraucher gegen geplanten und einkalkulierten Verschleiß von Produkten soll gesteigert, die Grenzen bei Scoring-Verfahren, etwa zur Einstufung der Kreditwürdigkeit, sollen gesetzlich gesichert werden.
Zufrieden mit der Konferenz zeigte sich auch Meyers Amtskollege aus Rheinland-Pfalz, Verbraucherschutzminister Gerhard Robbers, besonders mit Blick auf die digitale Welt: „Entscheidend für die Weiterentwicklung der digitalen Welt ist die Stärkung der Autonomie der Verbraucherinnen und Verbraucher.“ Wichtig und notwendig seien „umfassende und verständliche Verbraucherinformationen“. Robbers: „Für die Verbesserung der Verbraucherrechte in der digitalen Welt haben wir heute ein starkes Signal gesetzt.“ Der sächsischen Ministerin für Verbraucherschutz, Barbara Klepsch, lag noch ein weiteres Thema am Herzen, das „Giro-Konto für Jedermann“. Dazu Klepsch: „Dieses Ziel müssen wir erreichen. Denn das ist auch eine Frage der Würde. Deshalb haben wir den Bund aufgefordert, noch in diesem Jahr die Banken zu verpflichten, Girokonten auf Guthabenbasis für Alle anzubieten.“ Verbraucherschutz brauche Transparenz. „Wir brauchen mehr präventive Datenschutzkontrollen bei Sozialen Netzwerken. Wir fordern den Bund auf, dies bei den Verhandlungen zur EU-Datenschutz-Grundordnung einzubringen“, so Klepsch.
Der Staatssekretär des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz, Gerd Billen, versicherte, der Bund wolle „den Verbraucherschutz in der digitalen Welt stärken“. Die Digitalisierung mit all ihren – auch wirtschaftlichen – Vorteilen könne nur gelingen, „wenn dabei die Rechte der Verbraucherinnen und Verbraucher gewahrt werden“.
Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) warb unterdessen für gemeinsame Anstrengungen in der Ernährungsbildung und im Kampf gegen die Verschwendung von Lebensmitteln. BMEL-Staatssekretär Robert Kloos: „Unsere Lebensmittel sind zu gut für die Tonne. Man sollte sich stets vor Augen führen, welche wertvollen Ressourcen in unseren Mitteln zum Leben stecken. Unter anderem sollte es im Restaurant oder in der Kantine zur Selbstverständlichkeit werden, dass die Reste eingepackt werden, wenn die Portion zu groß oder der Hunger zu klein war.“ Als weiteren Baustein der Initiative „Zu gut für die Tonne“ plane das BMEL die Auslobung eines Ideen-Wettbewerbs zur Vermeidung von Lebensmittelabfällen.
Artikel-Informationen
erstellt am:
08.05.2015
Ansprechpartner/in:
Klaus Jongebloed
Nds. Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz
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