Agrarminister Meyer: Ringelschwanzprämie startet mit 16,50 Euro
Mehr Tierschutz bei Hühnern und Schweinen wird belohnt – Anträge ab 1. Juli
HANNOVER.Premiere in Niedersachsen: Erstmals werden zwei Maßnahmen zur Verbesserung des Tierwohls in der Nutztierhaltung angeboten. „Gemeinsam mit Landwirten schlagen wir ein neues Kapitel für mehr Tierschutz auf“, sagte Agrarminister Christian Meyer. In der EU-Förderperiode von 2014 bis 2020 sollen die Tierwohlzahlungen unter dem Dach des Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raumes (ELER) die Haltung von Legehennen und Mastschweinen fördern, die ohne das Abschneiden von Schnäbeln und Ringelschwänzen auskommen. Dafür stehen 28 Millionen Euro bereit.
„Das ist ein Riesen-Fortschritt für unser Land. Niedersachsen wird Nummer 1 beim Tierschutz. Wir erreichen ein wichtiges Etappenziel im niedersächsischen Tierschutzplan und setzen bundesweit Maßstäbe“, sagte Meyer. „Eine Verschiebung von Zielen, Maßnahmen und Zeitplänen des Tierschutzplans ist damit ausdrücklich nicht verbunden. Im Gegenteil unterstützen die Prämien die Bauern bei ihren Anstrengungen für mehr Tierschutz deutlich.“ Niedersachsen sei „das erste Land, das jetzt mit einer gut geplanten Tierwohlprämie startet“. Da es sich um jeweils einjährige Tierwohlmaßnahmen handelt, können sich die Antragsteller in jedem Jahr neu entscheiden, eine Förderung zu beantragen. Um den Strukturwandel nicht zu beschleunigen und besonders kleinere und mittlere Betriebe zu stärken, ist die Tierwohlförderung auf 6000 Legehennen und 1000 Mastschweine pro Durchgang begrenzt.
Meyer forderte Bundesagrarminister Christian Schmidt auf, für den Tierschutz zusätzliche Mittel – wie von der EU ausdrücklich erlaubt – von der 1. Säule (EU-Direktzahlungen an die Landwirte) in die 2. Säule (Beihilfen für die Entwicklung des ländlichen Raumes, darunter auch Agrarumweltmaßnahmen und der neu etablierte Tierschutztopf) umzuschichten. „Genau das hat schließlich auch der beim Bundeslandwirtschaftsministerium angesiedelte Wissenschaftliche Beirat für Agrarpolitik (WBA) gefordert“, sagte Meyer. „Würde die Bundesregierung wie vom Agrarbeirat gefordert zusätzlich zehn Prozent der Direktzahlungen in die zweite Säule lenken, könnte Niedersachsen von zusätzlich mehr als 80 Millionen Euro jährlich zur Honorierung von Tierschutzleistungen profitieren.“
Neben der Ringelschwanzprämie für unversehrte und intakte Schwänze bei Schweinen werden für die Legehennen bestimmte Haltungsbedingungen vorgegeben, die zu einer Verbesserung des Tierwohls beitragen: mehr Platz, bessere Ausgestaltung des Stalles, gute Fütterung, Beschäftigungsmaterial sowie Nester und Sitzstangen. Zudem dürfen in den Ställen nur Tiere gehalten werden, bei denen die Schnäbel nicht kupiert wurden. Förderfähig sind Kosten, die dem Antragsteller durch die Einhaltung dieser über dem gesetzlichen Standard liegenden Haltungsbedingungen und für die erforderliche intensivere Tierbetreuung entstehen. Der Förderbetrag beträgt rund 1,70 Euro pro Henne.
Die Ringelschwanzprämie für intakte Schweineschwänze ist eine ergebnisorientierte Maßnahme. „Denn der intakte Ringelschwanz ist ein anerkannter Indikator für Tierwohl in der Schweinehaltung. Ist der Schwanz unversehrt, ist auch die Haltung tiergerecht“, so Meyer. Mit der Wissenschaft sei er sich einig, dass es sich beim Schwanzbeißen um eine multifaktoriell bedingte Fehlentwicklung handele. „Deshalb sind auch viele Veränderungen notwendig, damit es dazu nicht mehr kommt“, so der Minister. Entscheidende Faktoren seien etwa die Ferkelaufzucht, die Haltung auf Stroh, Beschäftigungsmöglichkeiten sowie ein am Tierwohl orientiertes Fütterungs- und Stallklimamanagement und die intensive Beobachtung der Tiere. Meyer: „Eine Schweinehaltung, die diese Aspekte berücksichtigt, verursacht natürlich mehr Kosten und Arbeitsaufwand und muss deshalb auch entsprechend besser honoriert werden als die heute in Deutschland betriebene konventionelle Schweinehaltung.“ Deshalb habe sich das Land nach intensiver Beratung mit den Fachleuten entschieden, „eine Ringelschwanzprämie in Höhe von 16,50 Euro pro Mastschwein auszuzahlen“.
Diese Prämie wird jedoch nur an Landwirte ausgezahlt, die ein überzeugendes Konzept für den angemeldeten Bestand vorweisen, bei dem zudem zu jeder Zeit mindestens 70 Prozent der Tiere mit einem intakten Ringelschwanz ausgestattet sind. Intakt ist ein Ringelschwanz immer dann, wenn er unversehrt ist. Die gleichzeitige Haltung von kupierten und unkupierten Tieren in einer Gruppe ist nicht erlaubt. Die Zuwendung kann für höchstens 1.000 Tiere pro Mastdurchgang gewährt werden. Betrieben, die neu anfangen, wird empfohlen, zunächst mit 200 intensiv betreuten Tieren zu starten und die Maßnahme dann schrittweise auszuweiten. So soll ein selbstlernendes System mit guter Betreuung entstehen.
„Wir wollen, dass die teilnehmenden Betriebe dieses Ziel sicher erreichen, daher sind ein stringentes Beratungskonzept, eine umfassende Kontrolle der teilnehmenden Tierbestände und eine fundierte wissenschaftliche Begleitung wichtige Säulen dieser Maßnahme“, machte Meyer klar. Um die besondere Bedeutung der „guten Kinderstube“ zu berücksichtigen, müsse die Aufzucht der Ferkel im Betrieb des Antragstellers erfolgen, oder er müsse eine feste Lieferbeziehung zum Ferkelaufzuchtbetrieb nachweisen. Hinzu kommt: Der Antragsteller muss aus einer Liste mit spezifischen Kriterien zur Verbesserung des Tierwohls unterschiedlich stark gewichtete Punkte auswählen, die er in seinem Haltungssystem bereits erfüllt oder definitiv umsetzen wird. Erfahrung mit der Haltung von Schweinen mit unkupierten Schwänzen, ein über der gesetzlichen Norm liegendes Platzangebot, Beschäftigungsmaterial und die Beschränkung der Tierzahl auf zunächst kleine Gruppen sind die am höchsten bewerteten Kriterien. Nur Landwirte, die hier eine Mindestpunktzahl erreichen, können an der Maßnahme teilnehmen. Sowohl für Ferkelerzeuger als auch für Mäster ist die Teilnahme an einer Schulung verpflichtend. Auch die wissenschaftliche Betreuung wird sichergestellt.
Meyer wies darauf hin, „dass bereits seit 1991 auf EU-Ebene ein grundsätzliches Verbot für das routinemäßige Kupieren von Schwänzen bei Schweinen und Schnäbeln bei Legehennen besteht“. Ambitionierte Tierhalter, so der Minister, „haben eine Vorbildfunktion für eine erfolgreiche flächendeckende Umsetzung dieser Vorgaben in der Praxis und sollen daher bei deren Umsetzung unterstützt werden“. Diese Vorgehensweise hat auch den WBA überzeugt: In seinem jüngsten Gutachten „Wege zu einer gesellschaftlich akzeptierten Nutztierhaltung“ wird Niedersachsen als einziges Bundesland ausdrücklich gelobt und die Tierwohlmaßnahme als Pilotprojekt mit Vorzeigecharakter über die Landesgrenzen hinaus herausgestellt.
Hinweis: Die Antragsformulare und weitere Informationen können ab sofort auf den Internetseiten der Landwirtschaftskammer sowie beim niedersächsischen Landwirtschaftsministerium unter www.tierwohl.niedersachsen.de eingesehen werden. Die Antragstellung kann ab dem 1. Juli bis zum 27. Juli 2015 erfolgen.
Artikel-Informationen
erstellt am:
19.06.2015
zuletzt aktualisiert am:
29.09.2015
Ansprechpartner/in:
Klaus Jongebloed
Nds. Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz
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