Maritime Raumordnung – Was ist das?
In dem Bewusstsein um die Bedeutung der Küsten- und Meeresgebiete haben das Europäische Parlament und der Rat am 30. Mai 2002 die Empfehlung zur Umsetzung einer Strategie für ein integriertes Management der Küstengebiete (IKZM) in Europa (2002/413/EG) herausgegeben. Es handelt sich um ein informelles Instrument, das insbesondere auf eine nachhaltige, koordinierte Entwicklung der Küstenzone (Küstenmeer, Inseln und Küstenraum an Land) sowie auf eine gute Partizipation und Kommunikation durch breite, frühzeitige, umfassende und gleichberechtigte Beteiligung ausgerichtet ist.
IKZM ist eine grenz- und fachübergreifende Strategie für die nachhaltige Entwicklung der Küstenzone, mit der dort ein Schutz ökologisch wertvoller und empfindlicher Bereiche mit anderen wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Nutzungsansprüchen und Interessen in Einklang gebracht werden soll. Ein Baustein zur Umsetzung bzw. Anwendung des IKZM in Niedersachsen ist das Raumordnungskonzept Küste (ROKK).
Die niedersächsische Raumordnung hat die IKZM-Empfehlung aufgegriffen und für das gesamte niedersächsische Küstenmeer raumordnerische Aussagen unterhalb der förmlichen und rechtsverbindlichen Ebene des Landes-Raumordnungsprogramms und der Regionalen Raumordnungsprogramme der Küstenlandkreise formuliert.
Im Raumordnungskonzept Küste (ROKK) aus dem Jahr 2005 sind die verschiedenen Nutzungsansprüche in der niedersächsischen Küstenzone, mögliche Betroffenheiten, Konflikte und Lösungen komprimiert dargestellt. Das ROKK wird derzeit thematisch weiterentwickelt, um aus Gründen der Klimafolgenanpassung geeignete Flächen für die Kleigewinnung zum Küstenschutz zu identifizieren und dazu Handlungsempfehlungen zu geben.
Darüber hinaus hat es eine Weiterentwicklung des ROKK zu einer internetbasierten IKZM-Plattform gegeben. Sie informiert über interessante, IKZM-relevante Projekte, Planungen und Prozesse der unterschiedlichsten Akteure in der niedersächsischen Küstenzone. Auf den Internetseiten des Amtes für regionale Landesentwicklung Weser-Ems finden Sie weitergehende Informationen zum IKZM.
Die IKZM-Empfehlung wurde bereits bei der Fortschreibung des Landes-Raumordnungsprogramms (LROP) 2006 berücksichtigt und entsprechende raumordnerische Festlegungen im LROP 2008 zu einem eigenen Abschnitt 1.4 „Integrierte Entwicklung der Küste, der Inseln und des Meeres“ zusammengefasst, um den vielfältigen und zunehmenden Nutzungsansprüchen und Schutzerfordernissen in der Küstenzone und somit der gleichberechtigen Berücksichtigung von sozialen, wirtschaftlichen und ökologischen Belangen Rechnung zu tragen.
Zwölf Jahre später haben das Europäische Parlament und der Rat die Richtlinie 2014/89/EU zur Schaffung eines Rahmens für die maritime Raumplanung (MRO-RL) vom 23. Juli 2014 veröffentlicht. Sie ist bis zum 18. September 2016 in nationales Recht umzusetzen. Sie fordert die planerische Koordinierung von Nutzungen in den Meeresgebieten unter Anwendung eines ökosystemaren Ansatzes und unter Berücksichtigung der Land-Meer-Beziehungen in Anlehnung an das IKZM.
Mit den verfahrensrechtlichen Vorgaben für die Aufstellung und Fortschreibung von Raumordnungsprogrammen und den bestehenden Festlegungen des LROP für das Küstenmeer, bei denen auch die Land-Meer-Beziehungen berücksichtigt wurden, können in Niedersachsen bereits jetzt viele Vorgaben der neuen EU-Richtlinie zur maritimen Raumordnung umgesetzt werden. So enthält das LROP u. a. Regelungen zu Offshore-Windparks, zum Nationalpark „Niedersächsisches Wattenmeer“, zur Gewährleitung der dauerhaften und nachhaltigen Besiedelung der Ostfriesischen Inseln, zur Hinterlandanbindung der niedersächsischen Hafenstandorte und zur Klimafolgenanpassung in Bezug auf einen möglichen Meeresspiegelanstieg.
Weitere relevante Zusammenhänge der maritimen Raumordnung bestehen z. B. im Hinblick auf die integrierte Meerespolitik, Raumordnung in der ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ), die deutsche IKZM-Strategie oder die MKRO-Leitbilder.